Gastbeitrag: Marius Gjerset – Außenansicht aus Norwegen

4. November 2010

Meine Außensicht auf die Diskussion in Deutschland ist, dass die Opposition gegen CCS in Deutschland bzw. die Speicherung von CO2 von mehreren Faktoren geprägt wird: Eine Mischung aus politischer und öffentlicher Sicht, dass die Erneuerbaren Energien die Lösung sind, dass CCS zu sehr mit Kohle verbunden ist und durch die großen Kohleerzeuger beworben wird und dass CCS keine richtige Lösung bietet, um die Klimakrise zu lösen. Hinzu kommen Ängste und mangelndes Vertrauen bezüglich der Sicherheit der Speicherung, die sehr oft auch in der lokalen Debatte mit der „Endlager“-Diskussion für Nuklearabfälle verknüpft werden.

Meinungsumfragen zeigen jedoch, dass das Wissen um die CCS-Technologie noch gering ist, und die Debatte durch lokale Gruppen und kritische Medien geprägt wird. Insbesondere lokale Gruppen fürchten die Sicherheit bei einer Lagerung von CO2 unter ihren Häusern.

Die Offshore-Speicherung ist meiner Meinung nach jedoch in Deutschland noch nicht tiefgreifend diskutiert worden. Dennoch denke ich aufgrund der Analyse der heutigen Opposition zu CCS, dass die Gegner der Onshore-Speicherung gleichwohl auch gegen eine Offshore-Speicherung sein werden. Und zwar vor allem aus dem zuvor genannten Grund, dass CCS mit der Ausweitung Erneuerbarer Energien in Konflikt steht.

Allerdings wird die Opposition hier vermutlich kleiner ausfallen, weil Anwohner nicht direkt betroffen wären, und die Diskussion hierzu könnte weniger Gewicht bekommen.

In der Frage um den Transport des CO2 zur Offshore-Speicherung könnte es hingegen zu einer ähnlichen Opposition kommen. Denn schließlich müssten Pipelines über das Land gebaut werden. Dies würde ebenfalls zu höheren Kosten für diese Option führen.

Marius Gjerset, ZERO, Norwegen.


Gastbeitrag: Ton Wildenborg (Niederlande) zur Risikoabschätzung

4. November 2010

Betrachtet man die Frage nach Onshore- oder Offshore-Lagerung aus der Sicht der Risiken, muss klar sein, dass eine Speicherlösung immer so ausgelegt sein muss, dass es gar keine Lecks geben darf. Trotz alledem gibt es bislang keine Speicherlösung, die überhaupt kein Risiko beinhaltet.

In der Risikoanalyse unterscheidet man drei unterschiedliche Fälle: Die potentiellen Ursachen von ungewollten Ereignissen (oder Bedrohungen), die ungewollten Ereignisse (oder Gefährdungen), wie zum Beispiel Lecks, Absetzung von Flüssigkeiten oder Erdbewegungen, und die Konsequenzen oder Auswirkungen dieser Ereignisse. Potentielle Ursachen oder Bedrohungen von Lecks machen in der Frage um Onshore- oder Offshore-Speicherung keinen Unterschied. Der hauptsächliche Unterschied ist in den potentiellen Konsequenzen eines möglichen Lecks zu finden: Da es Offshore keine direkt betroffene Bevölkerung gibt, wäre ein Austreten des CO2 für die menschliche Bevölkerung vernachlässigbar. Natürlich könnte das Austreten einen Einfluss haben auf die Umwelt im Meer, vor allem für Lebewesen, die besonders tief oder auf dem Meeresboden leben. Andere potentielle Bedrohungen wie Erdstöße oder Absetzung von Flüssigkeiten würden nicht zu besonders heftigen Konsequenzen für die Meeresumwelt führen.

Das internationale London Protokoll (LP) und die OSPAR Konvention wurden erweitert und somit Offshore-Speicherung völkerrechtlich akzeptiert, solange die Umwelt und die LP/OSPAR Richtlinien für Sicherheit eingehalten werden. Die Richtlinien zur CO2-Speicherung der OSPAR Konvention wurden auch in die EU-Richtlinie zur CO2-Speicherung einbezogen, die nun als Vorlage für nationale Gesetze in den EU-Ländern dient.

Eine Offshore-Speicherung wird höhere Investitionen verlangen als die Speicherung der gleichen Menge Onshore. Denn Offshore-Speicherung führt dazu, dass das CO2 erst einmal an die passende Stelle transportiert werden muss. Außerdem müssen zur Speicherung Offshore Plattformen gebaut werden und Löcher gebohrt werden, durch die das CO2 in das Gestein verpresst wird. Wird allerdings bereits bestehende Infrastruktur genutzt, wie zum Beispiel alte Plattformen, Bohrlöcher und Pipelines, könnten sich die Kosten für eine mögliche Offshore-Speicherung verringern.

Ton Wildenborg ist Geologe aus den Niederlanden.


Gastbeitrag: Dr. Johannes Peter Gerling – Mögliche Speicherorte aus geowissenschaftlicher Sicht

3. November 2010

Eingangs möchte ich klarstellen, dass die geologische CO2-Speicherung im marinen Bereich aus geowissenschaftlicher Sicht nicht anders zu bewerten ist als eine Speicherung im Kontinentalbereich. Konkret sind beispielsweise die geologischen Verhältnisse im deutschen Nordseesektor unmittelbar vergleichbar mit denen im angrenzenden Bereich des Norddeutschen Flachlandes – beide Regionen gehören regionalgeologisch zum Norddeutschen Becken.

Hinsichtlich der Akzeptanz kann es in der Tat eine Rolle spielen, dass oberhalb möglicher Speicherstandorte im marinen Bereich keine Menschen leben – daher die persönliche Betroffenheit weniger akut ist. Das darf jedoch kein Anlass sein, weniger Sorgfalt beim Einrichten, während des Betriebs und in der Nachbetriebsphase walten zu lassen. Das gilt sowohl für den Betreiber wie auch für die zuständige staatliche Aufsicht.

Grundsätzlich kommen nach Auffassung der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe für den Standort Deutschland insbesondere erschöpfte oder nahezu erschöpfte Erdgasfelder sowie tiefliegende, salinare Aquifere (Gesteinsschichten mit hochsalinen Formationswässern im Porenraum) als potenzielle CO2-Speicher in Betracht.

Das Speicherpotenzial von Erdgasfeldern im Onshore-Bereich haben wir aus der bisherigen Produktion und den verbliebenen Reserven recht genau mit 2,75 Milliarden Tonnen CO2 errechnen können.

Das Speicherpotenzial der salinaren Aquifere haben wir im Jahr 2005 pauschal für die gesamte Republik mit 20 +/- 8 Mrd. t CO2 abgeschätzt. In einer Publikation aus dem Jahr 2010 haben wir nur Antiklinalstrukturen (Fangstrukturen) in den drei Regionen „Norddeutsches Becken“, „Oberrheingraben“ und „Alpenvorland-Molasse“ betrachtet. Aus diesem Ansatz – es wurden dabei aber nur etwa 75 Prozent dieser drei Sedimentbecken erfasst – resultierte eine Speicherkapazität dieser Strukturen von 6,3 bis 12,8 Milliarden Tonnen CO2. Hiervon fallen etwa ein Drittel (1,9 – 4,5 Milliarden Tonnen) in den deutschen Nordseesektor.

In der weiteren (britischen, dänischen und norwegischen) Nordsee und in der norwegischen See bietet sich darüber hinaus insbesondere mit den norwegischen und britischen Erdöl- und Erdgasfeldern sowie verschiedenen salinaren Aquiferen ein ungleich größeres Speicherpotenzial an.

Grundsätzlich gehe ich für jeden Speicher bzw. Standort davon aus, dass nur solche Vorhaben von der Industrie realisiert respektive von der zuständigen Behörde genehmigt werden, bei denen es überhaupt keinen Zweifel an der Langzeitsicherheit gibt. Im Offshore-Bereich erwarte ich – mit Blick auf die jahrzehntelange Erfahrungen aus der Erdgasförderung und dem Erdgastransport – keine zusätzlichen Risiken beim Transport. Auch gibt es für diesen Raum adäquate Monitoringverfahren, die beispielsweise bei der CO2-Speicherung im Bereich des norwegischen Erdgasfeldes Sleipner bereits seit etwa 15 Jahren eingesetzt werden.

Entsprechend aktueller betriebswirtschaftlicher Studien gehen wir für Onshore-Bereiche von Kosten in Höhe von etwa 4 Euro pro Tonne für den Transport und von etwa 3 Euro pro Tonne für die Speicherung aus. Für den Offshore-Bereich werden die Kosten durch den vermutlich erheblichen Mehraufwand für größere Transportentfernungen, Plattformen für die Injektionsstandorte sowie Monitoringmaßnahmen vermutlich signifikant höher sein.

Völkerrechtlich gesehen ist die Einspeicherung von CO2 in Wasserkörpern nicht gestattet. Die dauerhafte Speicherung von CO2 im marinen Untergrund ist hingegen durch die OSPAR- und London-Konventionen geregelt und gestattet.

Dr. Johannes Peter Gerling ist Leiter des Fachbereichs B 3.3 (Nutzung des Untergrundes, Geologische CO2-Speicherung) bei der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe.


Gastbeitrag: Dr. Gabriela von Goerne – Ist geologische Offshore Speicherung akzeptabler als Onshore-Speicherung?

2. November 2010

Im Grunde macht es geologisch gesehen keinen Unterschied, ob eine für die CO2-Speicherung geeignete Struktur an Land oder unter dem Meer liegt. Wird ein Speicher sorgfältig untersucht und ausgewählt, betrieben und überwacht, wird ein Leckagerisiko (von CO2 oder salzhaltigen Wässern) als sehr gering eingeschätzt. Auch wenn demnach die Risiken gering sind, beschleicht uns möglicherweise dennoch ein leichtes Unbehagen bei der Vorstellung, Millionen Tonnen Kohlendioxids in mehr als 800 Metern Tiefe unter unseren Füßen zu lagern.

Ist es da nicht besser, das CO2 weit weg in geologische Formationen unter der Nordsee zu verpressen? Meine Antwort wäre: Nein. Wenn wir CCS als Klimaschutzoption testen wollen, ist es verantwortungsvoller, CO2 in geologischen Formationen an Land zu speichern. Gründe hierfür sind dabei nicht die höheren Kosten für Pipelinebau und Bohrungen im Offshore- Bereich, sondern kürzere Wege und direkter Zugang zu Injektions- und Überwachungsbohrungen. Das gewährleistet bessere Inspektionsmöglichkeiten für höhere Sicherheit.

Speichermöglichkeiten in leeren Erdgasfeldern und salzwasserführenden Gesteinsformationen  sind auf dem deutschen Festland vorhanden. Sie finden sich überwiegend in Nord-Deutschland und sind in ihrer Kapazität begrenzt. Man sollte deshalb sinnvoll mit ihnen umgehen, auch vor dem Hintergrund, dass in diesen Formationen nicht nur CO2 sondern auch Erdgas gespeichert oder Geothermie betrieben werden könnte.

Mag sein, dass die Speicherung von CO2 an Land bei der Frage öffentlicher Akzeptanz der schwierigere Weg ist. Er ist aber auch der konsequentere, wenn von CCS als Brückentechnologie die Rede sein soll.

Dr. Gabriela von Goerne, CCS-Expertin


Neue Online-Diskussionsrunde zur CO2-Speicherung

29. Oktober 2010

CO2-Speicherung in geologischen Formationen unter dem Meer – sagen Sie uns Ihre Meinung!

In der kontroversen Diskussion um CCS geht es vor allem um die Speicherung und den Transport des abgeschiedenen Kohlendioxids.

Die Akzeptanz möglicher CO2-Speicherstätten ist in den betroffenen Regionen stark gesunken. Bringt eine geologische Offshore-Speicherung in geologischen Formationen unter dem Meer die Lösung? Würde sie eher akzeptiert als eine Speicherung unter bewohntem Land (onshore)? Germanwatch fragt Experten, unter anderem Dr. Gabriela von Goerne (Diplom-Geologin, CCS-Expertin), Marius Gjerset (Zero Emission Resource Organisation) und Dr. Johannes Peter Gerling (Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe), nach ihrer Meinung zu möglichem Speichervolumen, Sicherheit und Dauerhaftigkeit der Speicherung sowie nicht zuletzt auch den zu erwartenden Kosten.

Im vergangenen Jahr fand an dieser Stelle eine generelle Diskussion zur Nutzung von CCS statt. Wir laden Sie herzlich ein, in diesem Jahr vor allem die Frage nach den Chancen und Grenzen der CO2-Speicherung zu diskutieren. Vom 2. bis 4. November werden kontinuierlich Beiträge eingestellt, die Sie kommentieren können oder zu denen Sie Fragen stellen können.

Klicken Sie rein, wir freuen uns auf Sie!

Manfred Treber, Klimareferent/Germanwatch

PS: Wir bitten um Ihr Verständnis, dass Ihre Kommentare redaktionell freigeschaltet werden. Dies ist lediglich vom 2.-4. November möglich.


Abschlusskommentar von Felix Matthes (Öko-Institut)

22. Juli 2009

Ambitionierte Klimaschutzpolitik ist ein unbequemes Geschäft. Es muss extrem unbequem sein für diejenigen, die klimaschädliche Investitionen oder klimaschädliches Handeln vorantreiben. Es bedeutet aber auch, dass man sich selbst unbequeme Fragen stellen muss. Und dass man sich bei den Antworten nicht an den Herausforderungen der realen Welt herumdrücken darf. Es ist einfach zu bequem, CCS die Etiketten „Kohle“ und „Asse“ aufzukleben und sich mit (dazu noch unzutreffenden) „Szenarienbeweisen“ aus der ernsthaften Debatte zu stehlen.

Das Wissen zu CCS ist umfangreicher als oft postuliert. Und es ist schon beeindruckend, dass das IPCC einerseits stets und ständig als Kronzeuge für alle Fragen der Klimapolitik herangezogen wird und es andererseits offensichtlich gelingen kann, die Arbeiten des IPCC zu CCS weitgehend auszublenden.

Die unbequemen Antworten auf die Herausforderung der Dekarbonisierung sind, dass wir uns neue Kohlekraftwerke ohne CCS klimapolitisch nicht leisten können und erneuerbare Energien und Energieeffizienz – mit allen verbundenen Herausforderungen – die allerhöchste Priorität haben müssen. Dazu gehört aber auch, dass wir für eine ganze Reihe von Emissionsquellen (Prozessemissionen, Biomassewirtschaft) keine oder nur teilweise befriedigende klimapolitische Antworten jenseits von CCS haben. Und dass CCS – für uns und auch weltweit – eine Rückfalloption für die Situation ist, dass sich nicht alle Erwartungen bei anderen Klimaschutzoptionen erfüllen.

Denn es gibt auch noch CO2-arme Energieerzeugungstechnologien mit viel größeren Risiken als CCS. Unbequem ist aber auch die Erkenntnis, dass die Energiewende infrastrukturintensiv ist – und mit Eingriffen in Gewohn- und Gewissheiten, aber auch die Natur verbunden sein wird. Das aufgeklärte Abwägen von Chancen und Risiken bei Klimaschutzmaßnahmen statt der Flucht in scheinbare Patentrezepte wird die Umsetzung der Dekarbonisierung vom Papier in die reale Welt begleiten müssen. Nicht nur bei CCS. Und das wird ganz sicher unbequem bleiben. Weil wir uns ein Scheitern nicht leisten können.


Abschlusskommentar von Tina Löffelsend (BUND)

21. Juli 2009

Die Skepsis gegenüber CCS ist weit verbreitet. Das spiegelt sich auch in vielen, wenn nicht sogar den meisten Kommentaren in diesem Forum wider.

In den Regionen, wo die potentiellen CO2 –Lagerstätten liegen sollen – in Ost-Brandenburg und im Norden Deutschlands – schlagen die Protestwellen der Bürgerinnen und Bürger hoch. Deshalb konnte das CCS-Gesetz, das den großtechnischen Einsatz der unerprobten Technologie ermöglicht hätte, vorerst gestoppt werden, aber eben nur vorerst.

Energiekonzerne, Wissenschaft und Politik können die Fragen der Anwohner nicht klären: Wie verhält sich das CO2  über so lange Zeiträume im Untergrund, welche Auswirkungen hat die Verpressung auf das Grundwasser? Kann ein plötzliches Entweichen ausgeschlossen werden? etc. Das Desaster um das Atommülllager Asse macht das Versprechen auf CO2-Lagerstätten in der Bevölkerung nicht attraktiver. Die politische und die reale Durchsetzbarkeit der CCS- Technologie wirkt vor dieser Kulisse zumindest schwierig.

Mit CCS werden große Versprechen verbunden, ob sie je eingelöst werden können, weiß niemand. Wenn ein Kohlekraftwerk heute „CCS ready“ gebaut wird, heißt das nur, dass eine Fläche ausgewiesen wird, auf der einmal eine CCS-Anlage stehen könnte, nicht aber, dass Kohlekraftwerke tatsächlich nachrüstbar sein müssen.

Der sorgfältige Umgang mit Steuergeldern würde gebieten, dass die verantwortlichen Politiker diese Unwägbarkeiten berücksichtigen. Stattdessen werden nicht nur Milliarden an CCS-Subventionen vergeben, sondern sollten auch – wie es die Kohle-Lobby diktiert hatte – alle langfristigen finanziellen Risiken auf die Allgemeinheit abgewälzt werden. Das ist im Interesse der Konzerne, aber nicht im Interesse der Bevölkerung. Effektiver Klimaschutz ist dagegen Politik, die allen nützt – und zweifelsfrei auch dem Klima.


Abschlusskommentar von Rainer Baake (DUH)

21. Juli 2009

Die CCS-Debatte ist Kohle-fixiert. Das ist einerseits verständlich, da mit dem verlogenen Versprechen auf Nachrüstung mit CCS heute konventionelle Kohlekraftwerke gegen gut begründete Widerstände durchgesetzt werden sollen. Andererseits weichen die Diskutanten gerne der Frage aus, was mit den prozessbedingten Treibhausgas-Emissionen aus dem Bereich der Industrie geschehen soll.

Einmal angenommen es gelingt, in den kommenden Jahrzehnten in Deutschland die Stromversorgung zu 100% auf Erneuerbare Energien umzustellen und sämtliche Kohle- (und viel früher schon alle Atom-) -kraftwerke abzuschalten. Es gelingt, den Wärmebedarf unserer Gebäude auf fast Null zu senken und im Verkehrsbereich verbannen wir alle fossilen Treibstoffe wie Benzin, Diesel und Kerosin. Sind wir dann am Ziel? Nein, leider nicht.

In der Stahl-, Zement- und Chemieindustrie fallen erhebliche Mengen an prozessbedingten Emissionen an, die nichts mit dem Stromverbrauch zu tun haben.
Wohin damit? Vermeiden? Geht nicht. Selbst Windmühlen und Solarzellen brauchen Stahl, Zement und Chemie.

Ich sehe derzeit keine andere Alternative als CCS, oder besser „vielleicht CCS“, weil der Nachweis der sicheren Beherrschung noch erbracht werden muss.

Der Streit darüber muss ausgetragen werden. Am Ende werden vielleicht folgende Ergebnisse stehen: Neue Kohlekraftwerke werden nicht mehr gebaut. CCS wird a) übergangsweise für die Emissionen aus flexiblen Gaskraftwerken eingesetzt, weil wir die auf den Weg zu 100% Erneuerbaren noch eine Zeitlang brauchen. Und b) für prozessbedingte Emissionen aus der Industrie. Sowie c) für Treibhausgasemissionen aus Biogasanlagen, da wir zusätzlich noch Senken brauchen.


Vielen Dank für die Diskussion – Abschlusskommentar folgt!

17. Juli 2009

An alle, die in den vergangenen Tagen mitdiskutiert haben: Ein herzliches Dankeschön für die vielen informativen und durchdachten Kommentare, die hier eingegangen sind. Wir haben, wie angekündigt, den drei Autoren der Gastbeiträge die Gelegenheit gegeben, auf die vielen Kommentare mit Abschluss-Statements zu reagieren. Diese werden wir voraussichtlich Anfang der kommenden Woche an dieser Stelle veröffentlichen.


Felix Matthes (Öko-Institut): CCS ist unverzichtbare Option für weltweiten Klimaschutz

16. Juli 2009

In unserem letzten Gastbeitrag meldet sich heute Dr. Felix Chr. Matthes, Öko-Institut zu Wort:

„Das klimapolitische Anspruchsniveau ist hoch. Wenn die globale Klimaerwärmung mit einiger Sicherheit auf einen Wert von unter 2 Grad Celsius (im Vergleich zu den vorindustriellen Niveaus) begrenzt und damit katastrophale Folgen der Klimaerwärmung vermieden werden sollen, so steht der Welt in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts noch ein Emissionsbudget von etwa 1.000 Milliarden Tonnen Kohlendioxid (CO2) zur Verfügung.

In der ersten Dekade werden wir davon etwa 40% aufgebraucht haben. Für die Industriestaaten bedeutet dies, dass eine vollständige Dekarbonisierung ihrer Volkswirtschaften auf der energie- und klimapolitischen Agenda stehen muss. Die Abtrennung und Ablagerung von Kohlendioxid (CCS – Carbon Dioxide Capture and Storage) wird dafür nicht die wichtigste, gleichwohl aber eine wahrscheinlich unverzichtbare Optionen bilden.

Wenn im Bereich der Stromerzeugung fossile Energieträger, d.h. Kohle und/oder Erdgas aus ganz verschiedenen Gründen (von Energiesicherheit bis zur Netzstabilität) einen Rest der Stromversorgung abdecken sollen, so muss ein Weg gefunden werden, die damit verbundenen Emissionen zu minimieren. CCS ist dafür geeignet. Wenn es gelingt, Energieeffizienz und erneuerbare Energien schnell genug wettbewerbsfähig zu machen und in das System zu integrieren, so wird CCS hier möglicherweise keine Rolle spielen müssen, Wenn nicht, dann ist CCS eine sinnvolle Backup-Option.

Diese Einschränkung gilt nicht für die prozessbedingten Emissionen aus der Stahl-, Zement- und Chemieindustrie. Hier sind erneuerbare Energie- und Energieeffizienz keine Alternative, bis auf Weiteres ist hier CCS alternativlos. Für Deutschland geht es dabei um 80 Millionen Tonnen CO2, also etwa 8% der Gesamtemissionen, weltweit um mindestens 2,5 Milliarden CO2. Wer CCS kategorisch ablehnt, muss für diesen Emissionsbereich eine machbare Alternative präsentieren.

Schließlich ist CCS auch eine Option zur Schaffung zusätzlicher CO2-Senken, mit denen die CO2-Konzentrationen in der Atmosphäre wieder reduziert werden können. Die Nutzung von Biomasse und die Ablagerung des biogenen CO2 ist dabei nicht nur Zukunftsmusik. Bei der Biokraftstoffproduktion fällt beispielsweise schon heute reines CO2 als Beiprodukt an – und wird – klimawirksam – in die Atmosphäre freigesetzt. Bei sachgerechter Anwendung ist der Technologieverbund CCS mit geringen Risiken umsetzbar. Risiken, die um ein Vielfaches geringer ausfallen als die genannten Chancen.“

Dr. Felix Chr. Matthes, Öko-Institut